Rechtsübersetzer als Vermittler zwischen Sprachen, Kulturen und Rechtssystemen
Der Umgang mit schier unübersetzbaren Begriffen gehört zu meinem Tagesgeschäft.
Nicht zuletzt deshalb, weil ich nicht „nur“ zwischen 2 Sprachen übersetze, sondern es sich auch um unterschiedliche Rechtssysteme handelt.
Die Rechtssysteme in England und den USA sind auf Common Law aufgebaut, während auf dem europäischen Kontinent „kodifiziertes Recht“ verbreitet ist.
Somit besteht meine Aufgabe darin, einem fremdsprachigen Leser, der in einem anderen Land mit einer anderen Kultur und abweichendem Rechtssystem aufgewachsen ist, einen Begriff verständlich zu machen, den er aus seinem eigenen Rechtssystem nicht kennt, ihn zumindest darauf aufmerksam zu machen, dass er es hier mit einem Punkt zu tun hat, den er unbedingt mit einem Anwalt klären sollte.
Unter Umständen besteht die Übersetzung eines kompetenten Rechtsübersetzers eben darin, einen Begriff „verfremdet“ zu übersetzen und eben nicht einen Begriff zu verwenden, der dem Leser bekannt ist oder scheint. Durch bekannte Begriffe könnte man sich in falscher Sicherheit wiegen. Unter Umständen meint der Leser, er weiß, was mit dem Begriff bzw. Konzept gemeint ist, obwohl man er mit einem komplett anderen Rechtssystem mit komplett anderen Umständen und Voraussetzungen zu tun hat.
Durch Verfremdung wird ein Leser u.U. darauf aufmerksam gemacht, dass er unbedingt Rechtsberatung in Anspruch nehmen sollte, um das Ausmaß seiner Entscheidung vollumfänglich zu verstehen.
Die korrekte Übersetzung von rechtlichen Begriffen findet man nur selten in einem Wörterbuch oder im Internet. Vielmehr sind dafür gründliche Recherche und jahrelange Erfahrung erforderlich.